2021 ist das Reisen wegen Corona nicht leichter geworden, dazu war das Wetter diesen Sommer von zahlreichen Extremen geprägt. Für Süddeutschland hieß das wochenlang viel Regen und kühle Temperaturen - aber nicht immer. Wir nutzten ein Zeitfenster von nur einem Tag mit Sonnenschein, um eine MTB-Tour zu fahren, die wir schon lange vorhatten. Wir umrundeten das Wettersteingebirge, mit der Zugspitze als seiner höchsten Erhebung. Was wir dabei erlebt haben, das lest Ihr hier!
Das Wettersteingebirge an der Grenze zu Österreich ist von München aus sehr gut mit dem Zug oder auch dem Auto erreichbar. Nachdem auf Deutschlands höchsten Gipfel, die Zugspitze, gleich zwei Seilbahnen und zusätzlich noch eine Zahnradbahn hinaufführen, ist der Trubel am Gipfel entsprechend groß. Ein Geheimtipp ist dieser Berg deshalb sicher nicht. Doch wir wollten nicht auf den Gipfel voller Touristen, denn das Wettersteingebirge bietet auch ruhigere Ecken mit schönen Ausblicken. Schon aus der Ferne sieht man bei der Anreise den Gipfel der Zugspitze die umliegenden Berge überragen und spätestens kurz vor Garmisch ist man von den hochaufragenden, steilen Kalkfelsen des Wettersteingebirges beeindruckt.
Nach einem zügigen zweiten Frühstück im Zentrum von Garmisch-Partenkirchen in einer gerade öffnenden Bäckerei radelten wir früh los. Der Wetterbericht sagte für den heutigen Tag meist sonniges Wetter mit angenehmen Temperaturen voraus, für den späten Nachmittag waren allerdings kräftige Gewitter und viel Regen angekündigt. Viel Zeit für Pausen blieb uns also nicht, um rechtzeitig wieder zurück zu sein.
Nach den ersten fast flachen 7 km durchs Tal beginnt ab Obergrainau der lange und anfangs auch steile Anstieg auf Forststraßen in Richtung Hochthörlehütte in Österreich. Doch man wird immer wieder mit schönen Ausblicken ins Tal, auf den Eibsee und die umliegenden Bergstöcke belohnt. Kurz nach Überqueren der Grünen Grenze beginnt die erste längere Abfahrt des Tages, vorbei an der Hochthörlehütte, der Gamsalmhütte und hinunter nach Ehrwald. Im unteren Teil führt die Strecke dann über Skipisten mit zahlreichen Schneekanonen, die auf ihren nächsten Einsatz warten.
Spätestens in Ehrwald sollte man die Trinkflaschen nachfüllen, denn hier wartet der zweite und ziemlich steile Anstieg hinauf zur Ehrwalder Alm. Doch zum Glück ist die schmale Straße fast komplett asphaltiert und zahlreiche Bäume spenden etwas Schatten. Alleine ist man auf diesem touristisch perfekt erschlossenen Abschnitt aber nicht, doch schon kurz hinter der Ehrwalder Alm mit einer eigenen Seilbahnstation wird es wieder ruhiger und die Blicke auf die umliegenden Almen im Tal sowie den Gebirgsstock der Mieminger Kette im Süden entlohnen für den schweißtreibenden Anstieg. Die Schotterstraße führt weiter bergauf, bis man etwas unterhalb der Hochfeldernalm an der Pestkapelle auf 1617 m etwas unspektakulär den höchsten Punkt der Tour erreicht hat. An der Quelle neben der Kapelle füllten wir erneut unsere Flaschen auf, bevor es in die längste Abfahrt des Tages, hinunter bis ins Leutaschtal ging. Ein letztes Mal querten wir eine Skipiste und wunderten uns über die in die Bergflanke hineinbetonierte Technik für den Wintersportbetrieb.
Anfangs steil und dann zunehmend flacher geht es ab jetzt auf gut fahrbaren Schotterstraßen talauswärts. Doch immer wieder hielten wir an und genossen die imposanten Ausblicke ins Tal und auf die umliegenden Felswände. Hier, ohne die ganze Technik und plötzlich auch ohne Menschen, fühlten wir uns für einen Moment weit weg von der Zivilisation und mitten in der beeindruckenden Natur. Steil stürzen sich ein paar tosende Bäche ins Tal und auf der Nordseite der Mieminger Kette waren noch ein paar letzte Schneefelder des vergangenen Winters zu sehen. Ein paar Greifvögel drehten in der Luft hoch über uns ihre Runden am Himmel. Die Natur wirkte hier wild und ungezähmt.
Wir fuhren weiter abwärts, vorbei an der Tillfuss- und der Gaistalm und wurden vom Gebimmel der Kuhglocken empfangen. Ab hier weitet sich das wunderschöne Tal und die Forststraße wird flacher. Auch die Anzahl der Wanderer und Radfahrer stieg wieder an und so fuhren wir entlang der Leutascher Ache weiter talauswärts, bis wir bei Platzl im breiten Leutaschtal angekommen waren. Ab hier führt ein gut beschilderter und schön angelegter Radweg auf feinen Schotterwegen Richtung Mittenwald und damit zurück nach Deutschland. Durch das starke Hochwasser der letzten Wochen war jedoch nur ein Teil des Radwegs befahrbar, so dass wir ein paar Kilometer auf der Hauptstraße durchs Tal fahren mussten. Doch der Verkehr blieb erträglich.
Bergab und in einer engen Kurve zweigt die Route kurz vor Mittenwald nach links ab und es geht - anfangs wieder asphaltiert - steil bergauf zum idyllisch gelegenen Lautersee. Doch zum Glück ist die Straße für den motorisierten Verkehr gesperrt und so konnten wir die Umgebung genießen. Ab hier geht es wunderschön auf bestens ausgebauten Forststraßen weiter durchs Grüne. Zuerst erreicht man den Lautersee und kurz darauf den Ferchensee. Beide bieten sich für eine Abkühlung im Sommer an. Im Süden türmt sich die Wettersteinwand, der östlichste Teil des Wettersteingebirges, steil auf. Was für eine großartige Kulisse. Spätestens jetzt wurde uns klar, wo sich die noch „fehlenden“ Höhenmeter der Tour versteckt hatten, denn Luftlinie lag unser Ziel in Garmisch-Partenkirchen nicht mehr weit entfernt. Es geht beständig bergauf oder bergab, teilweise auch richtig steil.
Wir fuhren weiter und erreichten beim Weiler Hintergraseck ein weiteres Highlight der Tour. Die Forststraße wird hier für ein paar hundert Meter zu einem schmalen Fahrweg entlang der steilen Berghänge, während der Blick bis zur imposanten Alpspitze reicht. Die Kombination aus grünen Wiesen mit Weidevieh und schroffen, hohen Bergen im Hintergrund ist einmalig schön. Weniger schön waren hingegen die Wolkentürme, die sich über den Bergen vor uns bedrohlich dunkel aufbauten. Schluss mit Fotostopps dachten wir uns und fuhren möglichst flott weiter.
Der Forstweg führt weiter steil bergauf und bergab bis wir bei Vordergraseck, oberhalb der bekannten Partnachklamm, wieder auf eine Asphaltstraße stießen. Ein Schild warnte vor der steilen Abfahrt, Radfahrer sollten schieben. Auf Asphalt, bergab? Es wird schon nicht so steil sein, dachten wir uns und rollten weiter. Doch die Steigung war tatsächlich extrem. Eng und mit mehreren Haarnadelkurven ging es mit 30 % Gefälle abwärts, auf den Kurveninnenseiten war es z.T. noch deutlich steiler. Der steilste Abschnitt soll sogar 35% betragen. Nach ein paar Minuten waren wir dann unten und stießen auf den Ausgang der Partnachklamm, die nach dem Regen der vergangenen Tage noch immer reichlich Wasser führte. Der anspruchsvolle Teil der Tour war geschafft. Ab jetzt ging es nur noch leicht bergab und auf kleinen Straßen zurück zum Startpunkt unserer Tour nach Garmisch-Partenkirchen. Die Wolken wurden unterdessen immer dunkler, der Wind frischte auf und wir traten mit voller Kraft in die Pedale. Kaum hatten wir das Zentrum erreicht, öffnete der Himmel seine Schleusen und es schüttete wie aus Kübeln. Was für ein perfektes Timing und was für eine großartige Tour!
Obwohl die Region touristisch sehr gut erschlossen ist und hier entsprechend viel los ist, hat uns die Tour begeistert. Sie ist landschaftlich wunderschön und extrem abwechslungsreich. Wer die Strecke an einem Tag fährt benötigt eine gute Kondition. Dafür kann man mit leichtem Gepäck unterwegs sein, was bei gerade bei den Steilstücken ein großer Vorteil ist. Alternativ übernachtet man in einer der zahlreichen Hütten oder Pensionen entlang der Strecke.
Nur der Anblick der ganzen am Berg verbauten Technik für den Wintersport, mit unzähligen Schneekanonen, künstlichen Speicherseen, Wasserleitungen und Wegen stimmt uns nachdenklich, gerade in Zeiten in denen intensiv über die Möglichkeiten des Umweltschutzes, der Energiewende und der Beiträge gegen den Klimawandel diskutiert wird.
Die MTB-Tour verläuft entgegen dem Uhrzeigersinn einmal um das Wettersteinmassiv herum. Die Gesamtlänge beträgt rund 79 km und 1830 Höhenmeter, etwa Dreiviertel davon verläuft auf Schotterwegen, mit teilweise sehr steilen Abschnitten und daher ein paar kurzen Schiebepassagen bergauf. Technisch gesehen ist die Tour leicht, von der Kondition her aber anspruchsvoll. Als ideales Fahrrad für die Strecke sehen wir ein MTB Hardtail an. Selbst ein Gravelbike mit MTB-Bereifung wäre möglich, solange die Übersetzung passt und man sich damit auch steile Abfahrten auf losem Untergrund zutraut.
Den GPS-Track zur Tour in Komoot findet Ihr hier:
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