Mitten in der Haupturlaubszeit im Juli eine landschaftlich schöne, nicht allzu überlaufene Tagestour zu fahren, deren Start- und Endpunkt sich noch dazu gut mit der Bahn von München aus erreichen lässt, geht das? Es geht und zwar sehr gut, wenn man die Route etwas kreativ plant und statt dem Rennrad das Gravelbike verwendet. So lassen sich stark befahrene Abschnitte auf Hauptstraßen vermeiden, indem man auf Schotterstraßen und -wege ausweicht.
Startpunkt ist der Bahnhof in Füssen, der sich mit der Regionalbahn von München aus in zwei Stunden erreichen lässt. Dort startet man zunächst im Touristenrummel rund ums weltbekannte Schloss Neuschwanstein, doch schon nach wenigen Kilometern wird es am Alpsee deutlich ruhiger und der erste kurze Offroad-Abschnitt auf einer gut fahrbaren Forststraße beginnt. Über eine kurze Anhöhe und eine kleine Abfahrt erreicht man das breite Lechtal bei Oberpinswang in Österreich. Eine schöne, asphaltierte Nebenstraße führt flott nach Reutte, wo es Zeit für ein zweites Frühstück ist.
Ab hier führt die Route auf einem perfekt ausgeschilderten und meist asphaltierten Radweg entlang des Lechs. Das breite, wild anmutende Flussbett des Lechs und die steil abfallenden Berge geben eine tolle Kulisse ab. Man fährt gefühlt fast nur durchs Grüne und kann die nur leicht ansteigende Strecke bis Elmen, dem letzten Ort im Tal vor dem Abzweig zum Hahntennjoch, voll genießen. Jetzt warten rund 15 km und 1000 hm bis zur Passhöhe.
Steil schwingt sich die Straße auf den ersten Kilometern bergauf und wird nur zwischendurch etwas flacher, um auf den letzten 5 km wieder schön steil zu werden. Es warten ein paar Lawinengalerien und kurze Tunnel auf uns und auch die vorbeifahrenden Motorräder können bisweilen etwas nerven. Doch davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, denn landschaftlich ist die gesamte Strecke ein Traum. Die Passhöhe auf 1894 m ist ein flacher Sattel und unspektakulär, doch dafür ist die Abfahrt nach Imst fast noch schöner als die Auffahrt. An imposanten Schuttreissen entlang der Berghänge verläuft die gut ausgebaute Straße z.T. steil bergab und bietet schöne Weitblicke in die Täler und auf entferntere Berggipfel, bis kurz darauf Imst erreicht ist.
Es folgen ein paar entspannte Kilometer durchs Tal und statt der lauten Hauptstraße geht’s auf guten Schotterwegen durchs Grüne bis zur Ortschaft Nassereith. Spätestens ab jetzt ist auch das Gravelbike voll in seinem Element. Kurz nach Nassereith beginnt der teils sehr steile Anstieg auf schmalen Schotterwegen zum Fernpass auf der Via Claudia Augusta, einer alten Römerstraße. Es geht zwar nur langsam voran, doch die Anstrengungen lohnen sich allemal, denn so umgeht man die stark befahrene Fernpass-Bundesstraße und kann immer wieder die Ausblicke ins Tal und auf mehrere Bergseen genießen. Am Fernpass startet die Abfahrt auf einer anfangs etwas groben und losen Schotterpiste, doch schon bald wird der Weg besser und der Weißensee ist erreicht. Jetzt sind die Höhenmeter des Tages geschafft, denn bis Ehrwald und weiter bis Garmisch-Partenkirchen zum Bahnhof geht es auf gut angelegten Radwegen nur noch bergab. In Ehrwald an der Zugspitzbahn oder in Garmisch-Partenkirchen kann man den Zug zurück nach München nehmen und den vergangenen Tag Revue passieren lassen. Was für eine klasse Tour!
Die Anreise zur Tour über die Pässe Hahntennjoch (1894 m) und Fernpass (1290 m) lässt sich gut mit der Bahn machen. Start ist in Füssen, der Endpunkt ist wahlweise der Bahnhof Ehrwald-Zugspitzbahn oder man rollt die letzten Kilometer weiter bis Garmisch-Partenkirchen. Das ideale Rad für diese Strecke ist das Gravelbike, denn mit dem Rennrad lassen sich die Schotterabschnitte rund um den Fernpass nicht fahren. Konditionell ist die Tour durchaus fordernd und manchmal ist sogar etwas Fahrtechnik auf den Offroad-Abschnitten gefordert, doch genau diese Mischung macht diese Tagestour so eindrucksvoll.
Den GPS-Track zur Tour in Komoot findet Ihr hier:
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