Ostern 2014 haben wir unsere Radtaschen gepackt und den ersten Versuch gestartet, um unsere Fahrräder flugtauglich zu verpacken. (Wie das gelingt findest Du unter "Los gehts!")
Los gings von München nach Faro, um eine Rundtour durch Portugals Süden zu starten.
Die Temperaturen waren perfekt zum Radln - allerdings galt das nicht für die Wasser-temperaturen des Atlantik.
Wer von Faro und der Algarve hört, der denkt sicher an deutsche Rentner, die dem feucht-kalten Winterwetter entfliehen wollen und in Scharen die Küste bevölkern, sowie an die üblichen Hotelburgen: je näher am Wasser, desto monströser.
Eher wenige planen eine Durchquerung des Alentejo, wie diese südliche Region Portugals genannt wird. Selbst der Lonely Planet empfiehlt für diese touristisch weniger erschlossene Region unbedingt einen Mietwagen, da das öffentliche Verkehrssystem doch sehr spärlich ausgebaut ist.
Das Reiserad unserer Tour findest Du unter "Los gehts!" demnächst genauer beschrieben.
Genau das sahen wir als Herausforderung!
Ziel war mal wieder eine Route zu planen, die uns die Schönheit dieser eher landwirtschaftlich geprägten und ärmeren Region näher bringen würde. Klar wollten wir auch ein paar kleine Städte sehen, doch das Naturerlebnis sollte im Vordergrund stehen. Wie sich schnell herausstellen sollte, war die Routenplanung schwieriger als gedacht, vor allem weil kein adäquates Kartenmaterial zur Verfügung steht. Für die Algarve selbst gibt es ausreichend Material, auch gute Reiseführer sind in den einschlägigen Buchhandlungen vorhanden. Für das Landesinnere gab es lediglich eine große, nationale Straßenkarte im Maßstab 1:400.000, für eine Radtour auf kleinen Straßen ist das zu grob.
Hier entstand die Idee, mit Hilfe von Satellitenbildern Lücken auf dieser Karte zu schließen, um eine ansprechende Rundtour durch Portugal zu planen, möglichst unter Vermeidung der Hauptstraßen. Dies gelang ziemlich gut und so gelangten wir auf einem Zickzackkurs zunächst von Faro nach Beja, zuerst mit einer geplanten und einer weiteren ungeplanten Flussdurchquerung. Letztere bot eine willkommene Möglichkeit für ein Bad. Nach kilometerlangem Staubschlucken auf Schotterpisten im welligen Hinterland hatten wir wieder Asphalt unter unseren Rädern und erreichten schließlich Évora. Begleitet wurde unsere Fahrt von einem Blütenmeer von weißen Zistrosen, sowie zahllosen weiteren bunten Wiesenblumen. In sanften Wellen schwingt das Land im Alentejo auf und ab, unterbrochen von licht stehenden Korkeichen, die regelmäßig geschält werden. Jahreszahlen auf den Stämmen verraten die letzte Korkernte.
Als echtes Highlight empfanden wir die vielen Storchennester. Auf fast jedem Strom- oder sonstigen Masten entlang der Straße befand sich ein Nest mit mehreren neugierigen Jungstörchen und argwöhnischen Alttieren, die uns genau im Auge behielten, als wir unter ihnen entlang radelten.
Nach dem eher beschaulichen Städtchen Beja war das doch sehr touristisch aufgemotzte Évora eher enttäuschend. Etwas verloren vor der Kirche im Zentrum stehend, wurden wir sogleich von österreichischen Bustouristen entdeckt, die sich sehr für die zwei bepackten Radler und weniger für die eigene Reiseleitung interessierten.
Um trotz unseres knappen Zeitbudgets zumindest etwas von der Hauptstadt zu sehen, entschieden wir uns Zeit zu sparen und bis Lissabon den Zug zu nehmen. Wie schon so oft auf früheren Radreisen erlebt, war auch diesmal der Radtransport im Zug "Verhandlungssache". Nach einiger Diskussion konnten wir unsere bepackten Räder schließlich im stillgelegten Bordbistrot des Zuges verstauen.
Am Bahnhof Oriente, unweit des Flughafens von Lissabon angekommen, empfing uns dann der übliche Lärm einer Großstadt - aber doch nicht ganz. Wir konnten glücklicherweise direkt bergab bis zum Meer rollen, hier in Form einer riesigen Bucht mit der Mündung des Rio Tejo. Einem Radweg - unserem ersten auf dieser Tour - folgend ging es aussichtsreich die letzten paar Kilometer eben am Wasser entlang bis ins Herzen von Lissabon und in ein entspanntes Hostel.
Überhaupt zeigte sich Lissabon während der drei Tage vor Ort von seiner schönsten Seite: noch ohne die Touristenmassen der Sommermonate, doch für uns sonnenentwöhnte Radler aus Deutschland sonnig, mit milden Temperaturen und viel weniger hektisch als von deutschen Großstädten gewohnt. Zum Glück hatten wir keinerlei Ambitionen wie manch andere Besucher, sämtliche touristischen Punkte abzuklappern.
Statt dessen erhielten wir prima Tipps von einem Einheimischen über die versteckten Schönheiten der Stadt. Fast schon wehmütig schwangen wir uns daher am dritten Morgen wieder den Sattel, um mit dem Schiff auf die andere Uferseite des Tejo nach Almada überzusetzen. Hier sollte ein würdiger dritter Teil unserer Tour folgen, entlang der Küste zurück nach Faro.
Die kurze Überfahrt über die Bucht bot ein letztes Mal wundervolle Ausblicke auf die Altstadt von Lissabon. Wir wollten ab jetzt überwiegend der Atlantikküste gen Süden folgen, und hoffentlich ein paar Mal baden. So ging es über Sesimbra und durch die Serra da Arrabida, einem grünen Bergrücken direkt am Meer gelegen, weiter. Hier wurde es vom Verkehr her wieder ruhiger und die Ausblicke aus knapp 400 m Höhe über den tiefblauen Atlantik und die fast 30 km lange Landzunge Peninsula de Troja dafür umso großartiger.
Von Setúbal setzten wir ein weiteres Mal mit der Fähre über und folgten jetzt der Halbinsel mit ihren Sanddünen. Flach, gerade und mit kräftigem Seitenwind ging es voran, doch zum Glück kämpften sich zwei Rennradler ebenso langsam voran wie wir, allerdings ohne Gepäck. Entspannt, wenigstens was den Straßenverkehr anbelangt, folgten wir den Küstenstraßen, immer bemüht die Hauptstraßen zu meiden. Kurz vor der Serra de Monchique, einem kleinen Gebirgszug im Süden mit immerhin 902 m Höhe als höchster Erhebung, wurde das Wetter deutlich kühler. Mit kräftigem Seitenwind und nach einer harten Etappe bei zuletzt etwa 12°C und einsetzendem Sprühregen waren wir froh, abends unser Zelt aufzuschlagen. Doch wir waren auf dem großen Zeltplatz nicht ganz allein: ein junges Pärchen, ebenfalls mit den Rädern unterwegs war schon da, jedoch mit Kinderanhänger und großem Familienzelt: Chapeau!
Petrus hatte ein Einsehen und das Wetter besserte sich tags darauf. Immer noch kühl, aber wieder mit Sonnenschein erklommen wir die Serra de Monchique. Unterhalb des Gipfels zog es jedoch erneut zu und wir waren froh, den nächsten Schauer in einem Café zu verbringen und uns zu stärken. So entschieden wir uns, bergab und weiter bis an die Küste bei Portimao zu fahren. Ab hier bestätigten sich unsere eingangs genannten Befürchtungen zusehends.
Die Zeltplätze waren voll, mit Dauercampern zumeist im Rentenalter aus - welch Überraschung - Deutschland, England und weiteren nördlichen EU-Ländern. Auch die Architektur änderte sich signifikant, ab jetzt dominierten große Hotelanlagen und - für uns eine neue Erfahrung - gigantische Golfanlagen in bester Lage, direkt am Meer.
Sporadisch konnten wir ab jetzt der Küstenvariante des Radfernweges Ecovia do Litoral Richtung Faro folgen, immer wieder verlor sich allerdings die Beschilderung im Wirrwarr von riesigen Campingplatz-, Golfplatz- und Hotelanlagen, so dass wir am Ende wieder an einer Hauptstraße standen. Einen Tag später erreichten wir wieder Faro und damit die letzte Nacht in Portugal.
Insgesamt ein tolles Land, mit einer wunderbaren Landschaft und freundlichen Portugiesen, von dem wir in einer anspruchsvollen, knapp 2-wöchigen Radtour zumindest einen Teil erkundet haben. Wir hatten richtig Lust auf mehr! Siehe Teil 2: Portugals Norden.
10 von 10 Pastéis de Belém, wenn man auf reichlich deftiges Essen mit all dem Meeresgetier, frisch-fruchtigem Sangria, starken portugiesischem Café und süßes Gebäck steht!