Ligurien - Entschleunigung in den Bergen

Eine Tour vor Beginn der Reise zu planen finden wir immer sinnvoll, doch manchmal läuft es anders als gedacht. Vor allem das Wetter lässt sich nicht planen, bei Outdooraktivitäten ein ganz entscheidender Faktor, jedenfalls für die meisten. Wir sehnten uns nach ein paar entspannten Tagen ohne Hektik, mit leckerem Essen und Touren in schöner Natur auf unseren Gravelbikes und das ohne eine lange Anreise. Auch ein Sprung ins Meer bei Sonnenschein sollte möglich sein…

Keine leichte Aufgabe hier ein passendes Reiseziel zu finden, vor allem wenn nur knapp zwei Wochen Zeit zur Verfügung stehen. Südlich des Alpenhauptkammes sollte das Wetter stabiler sein als bei uns in Deutschland, also auf nach Italien! Ideen für schöne Ziele hatten wir genug im Kopf, Clemens plante noch ein paar Routen mit der App Komoot um sie vor Ort abfahren zu können und lud sie auf sein Smartphone und es ging los.

Eine erste Tour nahe des Gardasees

Wir ließen es ruhig angehen und machten schon im Trentino, unweit des Gardasees, einen ersten Zwischenstopp. Vom Zeltplatz ging's am kommenden Morgen mit Sonnenschein auf eine erste Tagestour über Nebenstraßen zum Gardasee. Wir radelten vorbei am schönen Lago di Toblino, durch die Sarca-Schlucht und über den Passo del Ballino nach Riva del Garda. Dort  begann unser Urlaub gefühlt so richtig, mit einem großen Eisbecher bei sommerlichen Temperaturen. Zurück radelten wir auf einem erstklassig ausgebauten Radweg entlang der Sarca Richtung Norden. Doch in Arco gab's erst mal eine kurze, ungeplante Pause, denn ein Gewitter zog durch und es regnete kräftig. Wir nutzten die Zeit um uns zu stärken. Schwül-heiß ging es jetzt weiter durch das wunderschöne Tal immer bergauf Richtung Terlago und zum Zeltplatz. Die Dusche hatten wir uns nach knapp 90 km mit 1570 hm redlich verdient! Müde und glücklich verbrachten wir eine ruhige Nacht in klarer Bergluft. Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen und brachen mit dem Auto Richtung La Spezia auf, einen Tag früher als gedacht, denn der Wetterbericht verhieß jetzt für den gesamten Alpenraum kräftige Gewitter bereits ab dem Vormittag, für die Küste hingegen Sonne satt. 


La Spezia und Cinque Terre

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Bar in Carpi

Die Autobahn durch die Poebene zeigte dann ein anderes, sehr häßliches Bild von Italien. Im hektischen, dichten Verkehr fuhren wir durch riesige Agrar-Monokulturen und vorbei an Industrieanlagen. Wir benötigten eine Pause und fuhren kurzentschlossen bei Carpi von der Autobahn ab. Die Stadt präsentierte sich uns überraschend schön und sehr relaxt, mit einer wunderschönen Altstadt und kaum Touristen. Okay, vielleicht lag die Ruhe auch an der glühenden Mittagshitze, die Sonne brannte bei über 30 °C von einem fast wolkenlosen Himmel.

 

Der vorzügliche italienische Kaffee in der nächstgelegenen Bar bewirkte jedenfalls Wunder! Wir fuhren gut gelaunt weiter zu unserem Tagesziel, einem Zeltplatz bei Ameglia, nahe La Spezia. Der Verkehr blieb dicht, doch kaum waren wir auf dem Zeltplatz am Ufer der Flusses Magra angelangt, herrschte wieder erstaunliche Ruhe. Zum Glück waren viele Plätze nicht belegt, in der Hauptsaison im Juli und August sieht das sicher ganz anders aus. Abends aßen wir in der Pizzeria direkt auf dem Zeltplatz und wurden nicht enttäuscht, Service und Essen waren prima.

Am nächsten Morgen war es Zeit um auf Nebenstraßen über eine Halbinsel durch einen Naturpark bis nach La Spezia zu radeln.  Wir fuhren zunächst flach entlang des Flusses Magra bis zu seiner Mündung ins Meer und obwohl es hier eine große touristische Infrastruktur gab, waren kaum Touristen unterwegs. Wunderschön ging es ab jetzt bergig durch den saftig-grünen Parco Naturale di Montemarcello-Magra. Wir genossen die schöne Landschaft mit den häufigen Ausblicken auf die Küste und legten zahlreiche Fotostops ein. Erst als wir uns am späten Nachmittag der geschäftigen Hafenstadt La Spezia näherten, herrschte wieder der alltägliche Verkehrswahnsinn auf den Straßen. Wir fuhren trotzdem bis ins Zentrum und legten ein schöne Pause mit Einkehr ein. Die Junisonne stand schon recht tief, als wir uns auf den Rückweg zu unserem Zeltplatz machten. Mit Rückenwind flogen wir förmlich über die Hauptstraßen im abendlichen Berufsverkehr dahin und fuhren zurück Richtung Ameglia. Zufrieden grinsend und gut gelaunt erreichten wir in der Abendstimmung unser Zelt. 

Das Wetter wurde am nächsten Tag extrem schwül-heiß und so waren wir froh, durch den Nationalpark Cinque Terre in der prallen Sonne mit dem Auto anstelle mit dem Rad fahren zu können. Eng und kurvig windet sich hier die Küstenstraße durch die Berge, beständig geht es bergauf oder bergab, oft mit traumhaften Blicken auf das Meer und die Steilküste. Die Höhenmeter addieren sich hier innerhalb weniger Kilometer beachtlich.

Doch schattige Abschnitte sind hier rar, denn obwohl alles um uns herum grünte und blühte, gab es kaum große Bäume. An manchen Stellen ragten noch verkohlte Bäume aus dem grünen Dickicht und erinnerten an Waldbrände aus vergangenen Jahren. Um die Mittagszeit gönnten wir uns dann in einem der Küstenorte eine Pause unser erstes Bad im kühlen Meer bei herrlicher Brandung!


Eintauchen in die Berge Liguriens

Nach stundenlanger Autofahrt mit unzähligen Kurven nahmen wir uns am Abend, einige Kilometer im Hinterland von Chiavari, ein Zimmer in einem Bed & Breakfast für die kommenden Tage. Wir hatten großes Glück, denn wir wurden sehr herzlich empfangen und die Lage des Hauses in den Bergen lässt sich nur mit traumhaft beschreiben. Wir blickten in ein weites, grünes Tal, hinter uns die bewaldeten Berge und in der Ferne, am Ende des Tals, glitzerte das Meer. Dazu war es herrlich ruhig, was will man mehr? Wie wärs mit einem guten Frühstück am nächsten Morgen? Auch das gab es, der Tisch war reichlich gedeckt und alles war mit viel Liebe zubereitet - ein echter Traum! So gestärkt konnten wir in den kommenden Tagen - diesmal blieben wir länger als geplant - die Umgebung mit dem Rad erkunden. Man sollte ja nicht mit Superlativen übertreiben, aber es war tatsächlich perfekt. Die Natur strotzte auch hier nur so vor Kraft, überall blühten die Blumen und die Büsche und Bäume waren saftig grün. Die kräftigen Regenfälle im Frühjahr zeigten wohl noch immer ihre Wirkung, denn selbst die kleinen Flüsse führten noch ordentlich Wasser.

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unterwegs auf kleinen Straßen - Auffahrt zum Passo del Bocco

Zwischenstopp in Bassano del Grappa

Der Abschied aus Ligurien fiel uns jedenfalls nicht leicht, doch wir wollten die Rückreise etwas entzerren, weshalb wir zwei weitere Nächte in einem Agriturismo bei Bassano del Grappa einlegten. Die Unterkunft war leider kein Highlight, das Frühstück lieblos und der Versuch, am kommenden Tag auf den Monte Grappa zu radeln scheiterte wegen eines kräftigen Gewitters recht frühzeitig. Dennoch blieb der Abschluss des Tages unverhofft versöhnlich, denn kurzerhand besichtigten wir das hübsche Städtchen Cittadella und holten uns in einer Bäckerei zahlreiche leckere Teilchen, die wir in der Abendstimmung auf der Piazza genossen, bevor wir auf kleinen Wegen zurück zur Unterkunft gelangten. Die Schwüle des Tages hatte sich in angenehme Wärme verwandelt und die tief stehende Sonne tauchte die Landschaft in ein weiches Licht. Wir waren froh um den schönen, improvisierten Umweg durch die Ebene und freuten uns auf eine ruhige Nacht.


Welcher Eindruck bleibt von unserer Tour?

Solange man sich abseits der Massen bewegt, waren wir sehr positiv überrascht, wie schön und vielfältig die Natur, die Landschaft, die kleinen Orte und wie gastfreundlich die Menschen waren. Der Apennin bietet, jedenfalls im Frühsommer, ideale Bedingungen zum Radfahren. Solange man auf kleinen Straßen fährt, ist es oft erstaunlich ruhig, selbst auf den Hauptstraßen war der Verkehr erträglich. Außerdem fiel uns, verglichen mit der Gardaseeregion ein anderer Geruch auf. Hier roch es kaum nach den Spritzmitteln, die für die Landwirtschaft weiter nördlich sehr intensiv auf die Obstplantagen und Weinstöcke aufgebracht werden. Die Küstenstraßen zeigten wiederum ein ganz anderes Bild. Mit dichtem Verkehr, Lärm und teilweise extrem engen Überholmanövern der Autos und LKWs kam beim Radeln am Meer nur wenig Freude auf.

 

Wie haben sich unsere Räder bewährt? Wir waren froh, dass wir bei dem bergigen Profil eine passende Übersetzung montiert hatten, denn gerade auf den Nebenstraßen gab es oftmals ziemlich steile Abschnitte. Auch unsere breiteren Reifen (28 bzw. 32 mm) haben sich bewährt, denn der Asphalt war auf den kleinen Straßen oft holprig und rauh, manchmal lag auch noch Sand vom letzten Regenschauer auf der Straße. Eine umsichtige Fahrweise, vor allem bergab, ist deshalb ratsam.

Eines ist jedenfalls sicher, Ciao Italia, wir kommen wieder!

 

Transparenzhinweis: 

Die feschen Trikots wurden uns von der Trikoterie zur Verfügung gestellt. Vielen Dank nach Wien!

 

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