Erst kürzlich haben wir in unserem Blog geschrieben, welche Chancen wir in der aktuellen Pandemie für das Radfahren sehen und behauptet, dass das Rad als Transportmittel aus unserer Sicht das Potential für den entspanntesten Urlaub seit langem hat. Stimmt das? Es war an der Zeit das auszuprobieren und die Planungen der letzten Wochen in die Tat umzusetzen. Clemens nutzte die Chance einer kurzen Schönwetterphase, um Anfang Juni 2020 eine wunderschöne Ecke Bayerns zu erkunden, den Naturpark Bayerischer Wald. Welche Eindrücke er von der Tour mitgebracht hat, das gibt es hier zu lesen und im Video sehen.
Trotz Namensnennungen und Verlinkungen zu externen Webseiten in diesem Artikel handelt es sich um unbezahlte Werbung. Wir geben wie immer nur unsere persönlichen Eindrücke wieder und erhalten keine Bezahlung.
Wer unsere Route nachfahren möchte, der findet am Ende jeder Etappe einen Link zu kommot. Dazu einfach auf die jeweilige Karte klicken!
Bereits vor ein paar Jahren sind wir für ein verlängertes Wochenende mit unseren Rädern im Nationalpark Bayerischer Wald überwiegend auf dem Nationalpark-Radweg sowie einem Abschnitt des Iron-Curtain-Trails unterwegs gewesen. Wir waren begeistert von der Natur und der Ruhe abseits der Touristenmassen. In Gedanken planten wir schon damals eine Fortsetzung und jetzt war es endlich soweit. Seit kurzem gibt es mit der Trans Bayerwald (näheres lest Ihr weiter unten) eine ausgeschilderte MTB-Rundtour durch die gesamte Region. Nach etwas Recherche im Netz und einem Abgleich der geplanten Strecke mit einer Wanderkarte stellte Clemens für sich eine Runde für drei Tage zusammen. Prämisse bei der Routenplanung waren möglichst wenig Verkehr, viel Natur und Grün, abends eine schöne Unterkunft und eine gute Erreichbarkeit mit der Bahn für die An- und Abreise. Die Tour folgte dabei in großen Teilstücken dem westlichen Teil der Trans Bayerwald mit ein paar Abstechern auf Berggipfel entlang der Route. Die Wetteraussichten für die drei kommenden Tage waren gut, mit 18°C und Sonne satt. Es konnte losgehen!
Los ging's am Morgen mit einer gut dreistündigen Zugfahrt ab München, zuerst noch flott mit einem Regionalexpress, dann deutlich langsamer mit der Waldbahn. Hier ticken die Uhren noch etwas anders, vor allem wenn der Schaffner manche Fahrgäste persönlich mit Namen begrüßt und sich erkundigt, wie es denn dem Rest der Familie so geht. Die Entschleunigung setzte bei mir schon mit der Anreise ein.
Am späten Vormittag startete die Tour nach dem Aussteigen aus dem Zug zuerst einem zweiten Frühstück, direkt am Bahnhof in Bayerisch Eisenstein. Zum Glück hatte ich reichlich Proviant dabei, denn die Gastronomie war noch geschlossen und auch der Ort wirkte wie ausgestorben. Merkwürdig erschienen die uniformierten, tschechischen und deutschen Polizisten, die die Grenze kontrollierten und alle Ausflügler beobachteten, damit sie die Corona-bedingte Grenzschließung beachteten. Das Bild erinnerte jedenfalls an lange vergangene Zeiten.
Die Zeit schritt voran und die geplante Tagesetappe bis zur ersten Unterkunft in Neukirchen beim Heiligen Blut war noch lang. Der erste Höhepunkt des Tages war der Gipfel des Großen Arbers. Um etwas Zeit zu sparen ging es die ersten Kilometer anstatt auf Schotter auf Asphalt zum Großen Arbersee hinauf. Statt Ruhe herrschte an seinem Ufer ein ziemlicher Rummel und auch einige Motorradfahrer bretterten lärmend an mir vorbei, während es langsam bergauf ging. Der Fahrspaß hielt sich also in Grenzen, doch ein paar Kilometer später zweigte eine Forststraße ab und endlich war wieder Ruhe. Außer dem leisen Knirschen der Reifen auf dem Schotter und der vielen zwitschernden Vögel herrschte Stille. Hier auf rund 1000m Höhe schien der Frühling gerade erst begonnen zu haben, manche Bäume trugen noch das typisch zarte Grün und die Sonne wärmte an dem Tag auch nur mäßig. Mit einer meist angenehmen Steigung ging es gut voran, erst auf den letzten paar Kilometern vor dem Arber-Gipfel nahm der Trubel deutlich zu. Gruppen von Wanderern und E-Mountainbiker waren auf den breiten und gut ausgebauten Schotterstraßen unterwegs. Der Gipfel selbst hätte mit seiner 360°-Rundumsicht bei der klaren Luft sicher zu einer längeren Rast eingeladen, dank des schönen Wetters war er aber von dutzenden Tagestouristen belagert. So stoppte ich etwas unterhalb nur für ein paar Augenblicke, bevor es in die Abfahrt ging. Weiter unten fand sich dann auch eine ruhige Ecke mit schöner Aussicht.
Die Abfahrt in Richtung Westen folgte im Wesentlichen einem bewaldeten Bergrücken auf meist sehr guten Schotterwegen und bot immer wieder weite Ausblicke auf die umliegenden sanften Berge. Allerdings war die gesamte Tagesetappe fast niemals flach. Es wechselten beständig Anstiege und Abfahrten und vor dem Etappenziel in Neukirchen beim Heiligen Blut folgte noch ein kurzer, dafür aber richtig steiler Anstieg auf Schotter über eine Anhöhe. Nach rund 66 km mit 1670 hm ging dort der erste Tag mit einem leckeren Abendessen in der tiefstehenden Sonne zu Ende.
Der zweite Morgen begann mit einem strahlend blauen Himmel und der Wetterbericht versprach einen Traumtag mit angenehmen 23 °C. Nach einem ausgiebigen Frühstück in der Unterkunft ging es herrlich ruhig auf einer Nebenstraße weiter und schon nach kurzer Fahrt kam der erste Trail durch eine Wiese. Die zwischenzeitliche Hektik von gestern rund um den Arber war endgültig weg, heute sollte es deutlich einsamer werden. Hügelig und meist auf Schotterwegen erreichte ich gegen Mittag Furth im Wald und machte die erste Brotzeit bei einer leckeren Bäckerei. Hätte ich vorher gewusst wie lecker deren Teilchen schmeckten, ich hätte vermutlich weniger Proviant mitschleppen müssen.
Mit dem langen Anstieg zum Tannenriegel begann ein toller Abschnitt nahe der tschechischen Grenze. Heute war es deutlich wärmer, fast schon sommerlich und so tat der Schatten der Bäume während der Anstiege gut. Der Name des Berges ist ziemlich treffend, meist ging es durch einen dichten Nadelwald auf Forststraßen aufwärts. Der Gipfel bot dann eine schöne Fernsicht Richtung Süden und bis auf ein paar grüßende Wanderer war ich komplett alleine unterwegs. Mittlerweile war es schon Nachmittag geworden und es standen erst 25 km auf dem Tacho, zu oft hatte ich einen Fotostopp eingelegt oder die Aussicht genossen. Mein Etappenziel lag noch rund 80 km entfernt. Puh!
Heute zeigte sich der Charakter der Strecke so richtig. Zwar sind die absoluten Höhen der Berge im Bayerischen Wald, verglichen mit den Alpen, eher bescheiden. Doch ein ständiges Auf- und Ab, zumeist auf Schotter und mit ein paar kurzen Trails, bremsten das Vorankommen erheblich und kosteten Kraft. Das Gepäck am Rad tat sein Übriges und so entschied ich mich, ein paar Schleifen der Route abzukürzen. Erst gegen 20 Uhr, mit einer tief stehenden Sonne, erreichte ich müde aber zufrieden den Weiler Oberprombach, wo ich übernachtete. Spontan wurde ich von den herzlichen Gastgebern des Lugerhofs, der Familie Luger, auf ein paar Würstl mit Bier am Lagerfeuer eingeladen. Was für ein super Abschluss nach einem langen Tag im Sattel mit immerhin 86 km und rund 1800 hm. Während die Sonne schon längst untergegangen war, genossen wir den lauen Abend am Feuer und blickten auf die ersten Sterne am Himmel.
Dauerte der vorige Abend zu lang? Die Nacht war eindeutig zu kurz gewesen. Nach einem erneut ausgiebigen Frühstück und der zweiten Tasse Kaffee wurde ich langsam munter. Heute war es schon in der Früh angenehm warm und es sollten noch 25 °C werden. Für Übermorgen waren laut Wetterbericht kühle Temperaturen mit Regen und Gewittern angesagt. Was für ein Timing, denn dies war der letzte Tag der Tour. Die heutige Etappe verlief im Zickzack auf kleinsten Wegen und Pfaden quer durch die Wälder und vorbei an einsamen Höfen. Hatte ich mir nach den ersten zwei Tagen noch gedacht, die Strecke hätte sich überwiegend auch mit einem breiter bereiften Gravelbike gut fahren lassen - zumindest bei einer bergtauglichen Übersetzung, so herrschte heute eindeutig ein MTB-Terrain vor.
Einige der Abschnitte machten fahrtechnisch einen Heidenspaß, über Wurzeln und auf Trails ging es zum Teil so steil bergauf oder bergab, dass längeres Schieben angesagt war. Etwas später verlief die Route wieder deckungsgleich mit der Trans-Bayerwald. Es folgten lange Schotteranstiege und ein kilometerlanger Höhenweg vorbei am Hirschenstein und Rauhem Kulm. Die Sonne stand schon wieder tief und tauchte die Landschaft in ein weiches Licht. Was für ein Traum!
Die Abfahrt nach Deggendorf war dann weniger direkt als zunächst gedacht, immer wieder gab es kurze Gegenanstiege, bis es irgendwann doch rasant ins Tal ging. Die Wärme in der Stadt und die Menschen in den Lokalen am Marktplatz erzeugten bei mir endgültig eine richtige Urlaubsstimmung. Doch es war erneut spät geworden und ich wollte den Zug nach München nicht verpassen. Entlang der Isar ging es für ein paar Kilometer auf einem Damm schön flach und zur Abwechslung auch recht flott durch eine Auenlandschaft bis nach Plattling. Nach 95 km und fast 2000 hm endeten drei wunderschöne Tage recht abrupt im Zug, als der Zugbegleiter die Fahrgäste daran erinnerte, einen Mund- und Nasenschutz anzulegen.
Was bleibt am Ende von der Drei-Tages Tour in Erinnerung und für wen eignet sich die gefahrene Route? Die Strecke durch den Bayerischen Wald war wunderschön, erstaunlich abwechslungsreich und konditionell fordernd. Spektakuläre Ausblicke und schroffe Gipfel wie in den Alpen findet man hier nicht und es gibt auch deutlich weniger Hütten entlang der Strecke. In vielen Teilen dominieren Wälder und Hügel und ein saftiges Grün die Landschaft, was bei sommerlichen Temperaturen angenehm ist. Umso mehr freut man sich über plötzliche schöne Ausblicke. Dies macht unserer Meinung nach auch den besonderen Reiz der Gegend aus. Alles geht ein wenig beschaulicher und ruhiger zu. Man sollte immer ausreichend Zeit für ein paar Pausen einplanen, um die Landschaft zu genießen oder um die Orte entlang der Strecke zu entdecken. Wer nur darauf bedacht ist täglich viele "Kilometer zu schrubben", der verpasst die vielen schönen Momente am Wegesrand.
Übernachtet wurde diesmal statt im Zelt im Hotel, was eindeutig den Vorteil hatte, dass das Rad durch die eingesparte Campingausrüstung ein paar Kilogramm leichter war und die Etappen dafür etwas länger sein konnten. Auch waren ein paar Schiebepassagen dadurch wesentlich angenehmer. Der Nachteil dieser Variante war, dass immer ein fixes Tagesziel erreicht werden musste.
Das Wetter kann in der Region zuweilen recht launisch und selbst im Sommer auch frisch sein. Am letzten Tag entging ich am Nachmittag nur mit Glück einem vorbeiziehenden Gewitter. Bei einer Mehrtagestour sollte man daher immer eine entsprechende Kleidung für die Berge im Gepäck haben. Der offizielle Wetterbericht lag bei dieser kurzen Tour ziemlich daneben, es wurde am zweiten Tag deutlich wärmer als vorhergesagt und am Ende schlug das Wetter zwei Tage früher um als gedacht.
Wer auf den Spuren der Trans Bayerwald unterwegs ist, der erlebt die Schönheit der Landschaft besonders intensiv. Ein MTB-Hardtail mit gut rollenden Reifen ist unseres Erachtens ideal für die Strecke, so machen auch die steileren Bergab-Passagen und gelegentlichen Trails richtig Spaß. Zurückblickend fühlten sich die drei Tage nach einer richtig schönen Tour an.
Schon beim letzten Drei-Tage Abenteuer im Bayerischen Wald war klar, dass möglichst bald eine Fortsetzung folgen würde und Ende Juli 2020 war es soweit. Das Rad wurde wieder bepackt und Clemens startete in Passau, um auf der Nordroute die Bikepacking-Tour vom Frühsommer fortzusetzen. Was er in wieder nur drei Tagen erlebt hat, das gibt es hier zu lesen.
Vielen Dank an den Tourismusverband Ostbayern, der für den Teil 2 die Kosten der beiden Unterkünfte sowie die Reisekosten mit der Bahn übernommen hat.
Nach den drei wunderschönen, aber auch anstrengenden Tagen im Frühsommer 2020 freute ich mich schon sehr auf die Fortsetzung der Tour. Das Wetter der vergangenen Wochen war jedoch ziemlich wechselhaft gewesen, mit kräftigen Regenfällen und Gewittern, aber auch sonnig-heißen Tagen. Auch die Vorhersage für die anstehende Tour änderte sich fast täglich, so dass ich hoffte, ein gutes Wetterfenster zu treffen. Los ging’s diesmal in Passau, das sich sehr gut mit dem Zug erreichen lässt und die erste Etappe war bewusst etwas kürzer geplant, um ausreichend Zeit zu haben, die Landschaft entlang der Strecke genießen zu können. Mal sehen, ob alles klappen würde wie gedacht.
In Passau war an dem Wochentag am Vormittag erfreulicherweise relativ wenig los und nach einem kurzen Stopp in einem Café im Zentrum gings auf einer steilen Nebenstraße hinaus zur Veste Oberhaus, einer mittelalterlichen Festungsanlage, die einen super Ausblick über die Passauer Altstadt mit dem Zusammenfluss von Donau, Inn und llz bietet. Doch allzu lange verweilte ich hier nicht, denn der Wetterbericht sagte bis 34°C und ab dem Nachmittag kräftige Gewitter voraus. Noch war der Himmel strahlend blau und die Fernsicht prima. Es konnte losgehen.
Die ersten Kilometer ging es entspannt und flach entlang der Donau auf dem bekannten Donauradweg dahin, doch dafür rauschten auch die Autos an mir vorbei. So war ich froh, als die Route bei Erlau von der Donau abzweigte, um dem gleichnamigen Bachlauf bergauf zu folgen. Was für ein Kontrast, statt Verkehrslärm hörte ich den Bach rauschen und die Vögel zwitscherten. Nur wenige hundert Meter später fuhr, nein schob ich bereits mein Rad ein erstes kurzes Steilstück auf Schotter bergauf durch einen dichten, grünen Wald. Aus dem Forstweg wurde ein paar Kilometer später sogar ein enger, von Wurzeln überzogener Pfad durch eine kleine Schlucht entlang der Erlau. So war immer wieder eine Schiebepassage dabei und es ging nur langsam voran. Mir kam langsam der Gedanke, dass die heutige „Einrolletappe“ erheblich länger dauern könnte als geplant.
Die Hitze des Tages wurde inzwischen selbst unter dem dichten Blätterdach drückend und so goss ich mir immer wieder kühles Wasser aus den Bächen zur Erfrischung über den Kopf. Als aus dem Trail wieder eine gut fahrbare, geschotterte Forststraße wurde und es wieder flotter voranging, war ich erleichtert. Abwechslungsreich und oft im Schatten der Bäume und entlang von Bächen verlief die Route ab jetzt bis Wegscheid im welligen Auf und Ab durchs Grün. In Wegscheid legte ich eine Pause an einem Supermarkt ein, um mich für die letzten 20 Kilometer des Tages zu stärken. Doch weiter als bis zum nächsten Waldstück sollte ich erst mal nicht kommen. Innerhalb von wenigen Minuten wurde aus ein paar harmlos wirkenden Quellwolken ein kräftiges Gewitter mit Blitz und Donner. Ich beschloss, am Wegesrand unter ein paar dichten Bäumen Schutz zu suchen und hatte Glück, denn das Gewitter zog kurz vor mir vorbei. Ich fuhr weiter durch einen dampfenden, nassen Wald und sah reichlich Blätter und ziemlich große Hagelkörner am Boden liegen. Das Gewitter war doch kräftiger gewesen als gedacht. Der Boden war durch den Regen weich geworden, so dass ich nur langsam vorankam und der Himmel sah nach einem weiteren Gewitter aus. Doch wenigstens war die Hitze des Tages vorbei und innerhalb einer halben Stunde war die Temperatur um 10 °C auf angenehme 21 °C gesunken. Für den ersten Tag hatte ich genug Action erlebt und beschloss, die letzten paar Kilometer bis zur Unterkunft in Breitenberg, die Asphaltstraße zu nehmen. Im Gasthaus Jagdhof war ich dann der einzige Gast des Tages, denn eigentlich war dort Ruhetag. So war ich froh über die Ruhe und das herzhafte Abendessen nach einem anstrengenden ersten Tag und freute mich schon auf den folgenden Morgen.
Pünktlich um halb sieben am Morgen stand das Frühstück bereit und meine Sachen waren bereits gepackt, denn die heutige Etappe war vom Höhenprofil her deutlich anspruchsvoller und auch länger. Der Wirt meinte noch zum Abschied, ich sollte mit dem Wetter Glück haben, heute würde es nur 22 °C warm werden bei klarer Sicht und ohne Gewitter. Zudem lagen zwei schöne Aussichtsgipfel vor mir, so dass ich mich beeilte loszukommen. Nur hundert Meter nach dem Gasthaus begann die erste Abfahrt durch den Wald auf Schotter. Die Luft war klar und die Sonne schien durch ein paar harmlose Schleierwolken von einem blankgeputzten Himmel. Immer wieder bot sich jetzt eine gute Fernsicht zum ersten Höhepunkt des Tages, dem Dreisessel. Durch Wiesen und auf kleinen Forstwegen ging es weiter hügelig bis Neureichenau und meinem zweiten Frühstück des Tages, im örtlichen Supermarkt samt Bäckerei. Während ich dort ein paar Süßteile verspeiste und einen Kaffee trank, wurden die wenigen Kunden von den Angestellten persönlich mit Vornamen gegrüßt und man erkundigte sich nach meinem Tagesziel. Mein Eindruck von der ersten Tour durch den Bayerischen Wald verstärkte sich, ja, hier geht alles etwas geruhsamer zu.
Mit neuer Energie begann der lange Anstieg hinauf zum Dreisessel. Doch verglichen mit dem ersten Tag kam ich besser voran, denn die Steigungen waren meist moderat und die Forststraße verläuft meist im Wald, und somit schattig, und auch die Temperatur war heute viel angenehmer als am Vortag. Erst die letzten Meter vor dem Gipfel wurde der Weg holprig und auch steil, doch das Ziel lag bereits in Sichtweite.
Was für eine geniale Aussicht! Am Gipfel bot sich bei bester Fernsicht und einem wolkenlosen Himmel ein weiter Blick über die sanften Berge des Bayerischen Waldes und seines tschechischen Pendants, des Böhmerwaldes. Grüne Berge und Wälder zogen sich entlang des Hauptkammes dieses Mittelgebirges auf beiden Seiten der Grenze bis zum Horizont und in den Tälern lagen verstreut zwischen den Feldern und Wiesen kleinere Dörfer und einzelne Gehöfte. Allerdings waren auch die vielen abgestorbenen Bäume unübersehbar. Ganze Hänge mit Nadelbäumen hatte der Borkenkäfer in den letzten Jahren vernichtet, oder er war noch dabei, doch hier im Gebiet des Nationalparks in Tschechien und Bayern entschied man sich bereits vor einigen Jahren dazu, nicht einzugreifen und den Wald sich selbst zu überlassen. Es soll wieder ein naturnaher Urwald entstehen und damit ein Rückzugsraum für viele bedrohte Pflanzen und Tiere. Am bekanntesten sind sicherlich der Auerhahn und der Luchs. Ich genoss die klare Luft und machte eine ausgiebige Pause, bevor es weiter ging. Die Abfahrt verlief zunächst flott auf einer Asphaltstraße, vorbei an einem riesigen Parkplatz. Jetzt war auch klar, warum am Gipfel so viele Tagestouristen unterwegs gewesen waren, denn der Weg zum Gipfel und dem daneben liegenden Dreisesselhaus war eher ein kurzer Spaziergang als eine Wanderung. Die Route bog jedoch bald scharf links ab und verlief steil und holprig bergab durch den Wald zur Ortschaft Frauenberg.
Es wechselten schöne Ausblicke und Abschnitte im Wald bis ich mit dem Haidel, den zweiten Gipfel des Tages, erreichte. Dieser ist komplett bewaldet, doch steht an seiner höchsten Stelle ein hölzerner Aussichtsturm, der die Baumwipfel um einige Meter überragt. Somit bietet er einen perfekten Rundumblick auf die bewaldeten Hügel und Berge. In der Ferne waren schon der Brotjackelriegel und der höchste Gipfel des Bayerischen Waldes, der Große Arber, zu sehen. Ich hatte Glück und konnte die Aussicht komplett allein genießen, denn an schönen Wochenenden dürfte hier sicher viel los sein.
Es folgte eine längere Abfahrt auf einem zum Teil rauen und steinigen Weg, sowie auf Forststraßen und einem weiteren längeren Anstieg bei Mitterfirmiansreut. Es ging vorbei an einer Skipiste und Rodelbahn samt künstlichem Stausee zur Schneeerzeugung im Winter. Jetzt, mitten im Sommer herrschte hier Ruhe und die Röhre des Eiskanals der Rodelbahn, sowie die Liftanlagen in den Wiesen wirkten wie Fremdkörper mitten in der Natur. Ich genoss noch etwas die Aussicht, bis die Route mich wieder zurück in den Wald führte.
Durch einen lichten Laubwald und später einem ständigen Wechsel aus Wiesen und Mischwäldern verlief die weitere Route zu meinem Tagesziel in Finsterau. Dort gings vorbei an einem großen Langlaufzentrum und der Anblick von trainierenden Biatlethen und Langläufern auf einem asphaltieren Rundkurs an einem lauen Sommerabend erschien dann wieder recht merkwürdig. Zufrieden hatte ich mit dem Landhotel Bärnriegel mein Tagesziel erreicht und freute mich auf die heiße Dusche und eine ruhige Nacht.
Die Nacht war sternenklar und durch die Lage auf fast 1000 m recht frisch, so dass ich gut schlief. Ich konnte den Chef des Hauses überzeugen, mir das Frühstück eine Stunde früher als üblich zu geben, denn die heutige Etappe war mit Abstand die längste und von den Höhenmetern auch die anstrengendste. Zudem sollte es wieder über 30°C heiß werden, zumindest im Tal, so dass ich zeitig starten wollte.
Los gings mit einer kilometerlangen Abfahrt, vorbei am Freilichtmuseum Finsterau in Richtung Mauth. Die Strecke verlief hier zumeist auf Asphalt und auf einem Stück des Nationalpark-Radwegs. Erinnerungen an unsere erste Tour vor drei Jahren wurden wach, als wir diesen Abschnitt in umgekehrter Richtung fuhren und hungrig im Freilichtmuseum eingekehrt waren. Heute ging es für mich hier flott bergab und als die Route der Trans Bayerwald bei Mauth von dem Radweg abzweigte und unvermittelt wieder steil bergauf führte, war ich nach der frischen Abfahrt zuvor richtig froh um die wärmenden Sonnenstrahlen. Abwechslungsreich und meist durch den Wald ging es für die kommenden 50 km ständig bergauf und bergab. Ich genoss, dass auf der Strecke insgesamt so wenig los war, nur machmal begegnete ich Radlern, die zumeist auf Pedelecs unterwegs waren und mich eher mitleidig ansahen, da ich ohne Motorunterstützung und mit Gepäck langsam bergauf fuhr.
Nach der Trinkwassertalsperre Frauenau stand der anstrengendste Anstieg des Tages an. Ich wollte zum Abschluss der Tour noch einen schönen Aussichtsberg erklimmen und entschied mich für den Großen Falkenstein, der nahe der Strecke der Trans Bayerwald liegt. Der Berg zeigte sich unbarmherzig steil, doch zumindest waren die Forststraßen in einem guten Zustand und immer wieder gab es mal einen kurzen Blick ins Tal. Als ich endlich einen Höhenrücken erreicht hatte, von dem aus es nur noch entlang eines langen Bergrückens leicht wellig und aussichtsreich bis zum Falkenstein weiter gehen würde, folgte eine Überraschung. Die bestens ausgebaute Forststraße war für Radler gesperrt! Der Grund stand auf einem Schild zu lesen, hier beginnt die Kernzone des Nationalparks Bayerischer Wald, die zugleich ein Rückzugsgebiet des streng geschützten Auerhuhns ist. Also folgte ich dem Wegweiser zum Falkenstein für Radfahrer - steil bergab. Insgesamt noch zwei weitere Male sollte es einige Höhenmeter bergab gehen, bis der letzte und steile Anstieg zum Falkenstein beginnen würde. Doch die Anstrengung war es wert. Dort angekommen steht in unmittelbarer Nähe des Gipfels die moderne Falkensteinhütte und die Aussicht vom Gipfel in der Abendsonne war einfach nur wunderschön und ich konnte sie allein genießen.
Es fühlte sich wie ein würdiger Abschied vom Bayerischen Wald nach drei tollen Tagen an. Doch halt, der Bahnhof in Bayerisch Eisenstein lag ja noch ein paar Kilometer entfernt und allmählich musste ich mich beeilen um den letzten Zug des Tages noch zu erreichen. In der tief stehenden Abendsonne ging es dann kilometerlang flott bergab durch den Wald und nach einem kurzen Abstecher über Tschechien erreichte ich den Bahnhof schließlich auf einem schmalen Pfad durch die Wiese. Der Grenzübergang war hier mit ein paar Baumstämmen für Fahrzeuge blockiert worden, so dass ich mir fast wie ein Schmuggler vorkam. Wow, ein tolles Finale und eine insgesamt 6-tägige Tour auf den Spuren der Trans Bayerwald lagen hinter mir. Im Zug traf ich dann den gleichen Schaffner wie beim ersten Mal vor zwei Monaten wieder. Mal sehen wie lange es dauert, bis auch er mich mit meinem Namen begrüßt.
Nach insgesamt sechs Tagen Bikepacking auf den Spuren der Trans Bayerwald konnte ich einen guten Eindruck von der Region gewinnen. Insgesamt bin ich von Bayerisch Canada, wie der Bayerische Wald auch genannt wird, positiv überrascht. Der besondere Reiz liegt für mich darin, dass es hier entspannter und ursprünglicher zugeht als in vielen anderen Regionen Deutschlands. Die Verpflegungsmöglichkeiten liegen zum Teil relativ weit auseinander, so dass man seine Etappen mit Bedacht planen sollte. Die Landschaft ist eher sanft und grün und touristisch nicht so überlaufen wie andernorts. Nur an den höchsten und bekanntesten Gipfeln, die zudem gut mit dem Auto erreichbar sind, war etwas mehr los. Dank der üppigen Wälder sind die großen Aussichtspunkte eher rar, doch immer wieder gibt es sie dann doch und man freut sich deshalb umso mehr. Die Trans Bayerwald ist jedenfalls eine klasse Möglichkeit, um die schönsten Ecken des Bayerischen Waldes mit dem MTB hautnah zu erleben. Die Strecke ist sehr abwechslungsreich und lässt sich je nach Wetter und persönlichem sportlichen Anspruch auch als längere Urlaubstour fahren. Bis auf ein paar kurze Passagen ist die Strecke technisch gesehen eher einfach, konditionell hingegen fordernd. Deshalb sollte man sich lieber ein paar Tage mehr Zeit lassen, um die Natur zu beobachten, die Gastronomie zu genießen und um aufzutanken. Für uns war es sicher nicht das letzte Mal in dieser Region, denn mindestens die Etappe 4 fehlt noch...
Nur wenige Monate nach unserer ersten Tour im Bayerischen Wald wurde eine offizielle MTB-Route eröffnet, die Trans Bayerwald. Dabei handelt es sich um eine 700 km lange Strecke mit etwa 17.000 Höhenmetern quer durch den Bayerischen Wald. Die Details der Route mit der Übersichtskarte, Wegbeschreibung, den 14 Etappen mit GPS-Daten zur Navigation sowie den zahlreichen Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke findet Ihr auf der toll gemachten Webseite der Trans Bayerwald. Außerdem kann man über diese Webseite ein kostenloses Starterpaket bestellen. Darin enthalten sind:
Das Etappenbooklet mit den Karten der einzelnen Etappen ist sehr übersichtlich gestaltet. Wer ohnehin die klassische Wanderkarte auf Papier liebt, der kann getrost nur damit navigieren. Trotzdem lohnt es sich, vor dem Befahren der Strecke, auf die Webseite der Trans Bayerwald zu gehen, weil gerade im Frühjahr oder nach Unwettern Streckenabschnitte gesperrt sein können oder Umleitungen eingerichtet sind.
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