Vor ziemlich genau einem Jahr brachte Specialized die mittlerweile dritte Version des Diverge, seines überaus erfolgreichen Gravelbikes, auf den Markt. Laut den Eckdaten schien es für Clemens das perfekte neue Rad zu sein. Allerdings waren durch die Pandemie und unterbrochene Lieferketten anfangs kaum Modelle verfügbar. Doch im Frühjahr war es endlich soweit und Clemens konnte sein neues Rad in Empfang nehmen und bereits einige Kilometer damit zurücklegen. In diesem Artikel stellt er Euch das Diverge Comp Carbon des Jahrgangs 2021 ausführlich vor, schildert seine Fahreindrücke, verrät warum er sich genau für dieses Modell entschieden hat und für wen sich dieses Rad am besten eignet. Seht Euch unser Testvideo an und lest danach den ausführlichen Bericht zum Rad mit vielen weiteren Infos. Viel Spaß dabei!
Im Test - Specialized Diverge Comp Carbon
Transparenzhinweis
Diese Beschreibung spiegelt wie immer nur unsere persönlichen Eindrücke wieder. Trotz Markennennungen erhalten wir keine Bezahlung für diesen Artikel. Das Rad haben wir uns selbst gekauft.
Für alle Details der Räder sowie die Ausstattung siehe die Herstellerseite: www.specialized.com
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Zielgruppe des Diverge
Muss ich das Diverge überhaupt noch vorstellen? Absolut, denn in der mittlerweile dritten Version von 2021 wurde es deutlich weiterentwickelt, hin zu einem modernen Gravelbike. Mein Diverge Comp Smartweld von 2015 hatte einen klasse Alurahmen, der von der Geometrie dem damaligen Roubaix sehr ähnlich war. Allerdings hatte das damalige Diverge ein paar zusätzliche Ösen zur Montage eines Gepäckträgers am Heck, eines Lowriders an der Gabel und es bot eine Reifenfreiheit bis 35 mm. Sogar Schutzbleche ließen sich montieren und die gesamte Ausstattung des Rades war robust genug, um damit über Schotterpisten zu heizen. Wer zu 80-90 % auf der Straße unterwegs ist, wer gerne lange, flott und mit entspannter Sitzposition fährt und nur gelegentlich auf moderaten Offroad-Passagen unterwegs ist, für den ist es ein tolles, spritziges Rad.
Über die Jahre hat sich mein Geschmack beim Fahren etwas geändert. Leichtfüßig über eine perfekt asphaltierte Straße dahinzugleiten, den Fahrtwind an einem lauen Sommerabend auf der Haut zu spüren, während sich der Blick auf die umgebende Natur richtet und die Ruhe zu genießen ist ein Traum. Doch diese nahezu verkehrsfreien Straßen gibt es gefühlt immer weniger, zumindest nicht nahe der großen Ballungszentren oder bei idealen Witterungsbedingungen - und wohl am wenigsten an Wochenenden. Immer öfter gingen unsere (Mehr-) Tagestouren daher über verkehrsarme Nebenstraßen oder Forstautobahnen. Hier kam das Diverge des Jahrgangs 2015 an seine Grenzen, auf alle Fälle litt der Fahrkomfort für meinen Geschmack zu sehr. Ein MTB wäre hingegen Overkill gewesen. Nach meinen Testfahrten mit dem Roubaix des Jahres 2020 und der zweiten Version des Diverge von 2018 schien mir die Neuauflage des aktuellen Diverge von 2021 in der Ausstattung Comp Carbon das nahezu perfekte Bike für meinen Einsatzbereich zu sein.
Ich war auf der Suche nach einem Gravelbike, das sich von der Geometrie her an einem Endurance-Rennrad mit entspannt-sportlicher Geometrie orientiert und das gute Laufruhe und Komfort, auch auf schlechten Straßen oder Schotterpisten bietet. Für den harten Offroad-Einsatz auf grobem Untergrund oder sogar Trails muss sich das Rad für mich nicht eignen, hier ziehe ich ein MTB mit Federgabel vor. Zudem soll sich das Rad durch viele Ösen an Rahmen und Gabel gut fürs Bikepacking eignen. Laut der Webseite von Specialized soll das Diverge genau diesen Mix perfekt können. Sind das nur Werbeversprechen und wie fährt sich das Bike wirklich?
Ausstattungshighlights & Optik
Was ist so neu am Diverge des Jahres 2021? Beginnen wir mit ein paar Ausstattungshighlights, danach folgt mein Fahreindruck. Wer alle Details wissen will, der findet sie auf der Homepage von Specialized. Das aktuelle Diverge ist durch die vielen Änderungen an Rahmen, Gabel und Ausstattung ein fast komplett neues Bike geworden. Das Rad gibts von der günstigen Einsteigerversion mit Alurahmen bis hin zu den Topmodellen mit unterschiedlichen Karbon-Rahmen sowie der High-End-Version des S-Works.
Das Diverge Comp Carbon bietet bereits den gleichen hochwertigen Karbonrahmen des Pro Modells mit dem Future Shock 2.0-System, einer integrierten Lenkkopffederung mit 20 mm Federweg und hydraulischer Dämpfung, ähnlich einer Federgabel. Der Rahmen hat ein sogenanntes SWAT-Staufach, eine Klappe unterhalb des vorderen Flaschenhalters im Rahmendreieck, durch die man das Innere des großen Unterrohrs als Stauraum für Kleinteile wie Werkzeug, Schlauch, Luftpumpe oder sogar eine Windjacke verwenden kann. Eine eigene kleine Tasche mit Reißverschluss wird mitgeliefert.
Die Geometrie des Rahmens wurde, verglichen mit den zwei Vorgängerversionen, ebenfalls modifiziert. Der Radstand wurde länger, der Reach auch, der Vorbau dafür etwas kürzer, das Tretlager verglichen zur zweiten Version des Diverge wieder 5 mm höher, der Lenkwinkel etwas flacher und die Kettenstreben geringfügig länger. Der Rahmen bietet jetzt deutlich mehr Ösen zur Montage von Flaschenhaltern oder Taschen. Im Rahmendreieck lassen sich 2 Flaschenhalter befestigen, ein weiterer unter dem Unterrohr und am Oberrohr noch eine Toptube-Bag. Zudem gibt es Ösen um Schutzbleche zu montieren und die praktische Aluschelle für die Sattelstützenklemmung hat auf beiden Seiten eine Gewindebohrung und erlaubt damit die Montage eines Gepäckträgers.
Die Reifenfreiheit beträgt jetzt bis zu 47 mm bei 28-Zoll-Laufrädern oder 2,1 Zoll bei 650B-Laufrädern. Dazu wurden technisch alle Register gezogen. Vor allem hat man die hintere rechte Kettenstrebe im Bereich des Reifens aus einem massiven Kern aus Karbon gefertigt. So konnte man die Kettenstreben gerade ausführen und die Optik eines Rennradrahmens beibehalten. Andere Hersteller wie z.B. Open oder Salsa verwenden hier bis unter das Tretlager abgesenkte Kettenstreben, um diese Reifenfreiheit bei zugleich schmalem Q-Faktor zu realisieren. Beim Diverge ist der Q-Faktor nur geringfügig breiter als bei einem klassischen Rennrad, ein nötiger Kompromiss, damit sich diese breiten Reifen montieren lassen, ohne dass die Kette die Reifen berührt. Trotzdem bleibt man nahe am Rennrad, was ergonomisch gesehen beim Treten günstiger ist als beim Mountainbike.
Im Sitzrohr steckt die neue Terra-Sattelstütze der hauseigenen Marke Roval mit einen Durchmesser von 27,2 mm. Sie soll genauso wie das Future-Shock 2.0-System vorne im Steuerrohr bis zu 20 mm Federweg am Heck bieten.
Schaltung und Bremsen kommen von Shimano, verbaut ist die mechanische GRX-810 2x11-fach Gruppe. Die Kettenblätter vorne haben 48/31 Zähne, die Kassette hinten geht von 11-34 Zähnen. Der kleinste Gang mit 31 - 34 Zähnen bietet also eine leichte Untersetzung ins Langsame für steile Anstiege. Durch die 2-fach Kurbel hat man eine fein abgestufte Übersetzung, ähnlich einem Rennrad, mit einer breiten Übersetzung von ca. 480 %. Das reicht schon fast an eine SRAM GX Eagle 1x12-fach Schaltung mit 500 bzw. 520% heran.
Die Karbongabel bietet die gleiche Reifenfreiheit wie der Rahmen, beide Gabelscheiden haben 2 Ösen zur Gepäckaufnahme und weitere zur Montage eines Schutzblechs.
Die Alu-Laufräder mit DT-Swiss G540-Felgen sehen schick aus und sind robust. Im Vergleich zur sonst sehr hochwertigen Ausstattung fallen sie aber etwas ab, gerade die Naben dürften etwas hochwertiger sein. Die Maulweite der Felgen beträgt 24 mm, wodurch sich die Specialized Pathfinder Pro Reifen in 38 mm Breite gut auf der Felge abstützen. Selbst breitere Reifen passen hier problemlos.
Das Lenkermodell Hover ist aus Aluminium und bei meiner Rahmengröße 58 immerhin 44 cm breit. Im Bereich der Klemmung am Vorbau hat der Lenker 15 mm Rise und in der Unterlenkerposition 12° Flare.
Neu ist bei Specialized seit dem Jahrgang 2020, dass es bei allen Bikes keine speziellen Herren- oder Damenmodelle mehr gibt. Begründet wird das damit, dass die Ergonomieunterschiede zwischen zwei Fahrern gleichen Geschlechts größer sein können als zwischen Mann und Frau. Soviel zu den wichtigsten Änderungen am Rad. Doch wie fährt es sich, ist das Diverge von 2021 wirklich so komfortabel und fahrstabil wie behauptet?
Mein Fahreindruck
Während der ersten gut 1200 km auf Tagestouren bei unterschiedlicher Witterung und auf unterschiedlichen Untergründen, von glattem Asphalt bis hin zu grobem Schotter auf z.T. steilen Forststraßen, konnte ich einen guten ersten Eindruck vom Fahrverhalten des neuen Diverge Comp Carbon gewinnen.
Sitzposition, Lenker, Schaltung, Bremsen
Die Sitzposition ist sportlich und noch etwas entspannter als bei einem Endurance-Rennrad. Die Sattelüberhöhung im Vergleich zum Oberlenker fällt gering aus und wer auf langen Touren noch aufrechter sitzen möchte, der kann einfach den Vorbau umdrehen. Die Sitzposition wirkte auf mich nach wenigen Minuten der Eingewöhnung sehr vertraut. Das Fahrverhalten unterscheidet sich - verglichen mit dem aktuellen Roubaix - aber spürbar. Das Diverge lenkt sich deutlich träger, was mir gerade auf losem Untergrund oder bei hohem Tempo in der Abfahrt gut gefällt. Das Rad fährt sich insgesamt sportlich und agil, man fühlt sich sicher und hat Spaß beim Beschleunigen, ganz ähnlich wie bei einem Rennrad. Willig und präzise lässt sich das Rad durch die Kurven steuern. Den flacheren Lenkwinkel spürt man auch beim langsamen bergauf Fahren im Wiegetritt, hier scheint das Vorderrad immer etwas zur Seite zu kippen. Nach ein paar Ausfahrten hatte ich mich aber daran gewöhnt und mittlerweile fällt es mir kaum noch auf und stört mich nicht.
Des hauseigene Lenkermodell Hover gefällt mir von der Ergonomie her gut, da er in keiner Richtung extrem ist, d.h. weder zu breit, noch ist der Flare zu groß, er passt für meinen Einsatzbereich mit einer Mischung aus Straße und guten Schotterstraßen also prima.
Die mechanische Shimano GRX-810 Schaltung funktioniert genauso gut wie die Ultegra, sie schaltet schnell und präzise und dank des GRX-Schaltwerks mit dem integrierten Kettenstabilisator schlackert die Kette auch auf losem Untergrund deutlich weniger als bei einem normalen Rennradschaltwerk. Allerdings fühlt sich die Gruppe vor allem beim Rückwärtstreten oder im Leerlauf beim Dahinrollen in der Ebene eher wie eine SRAM Eagle MTB-Gruppe an. Das butterweiche Gefühl der Ultegra mag mancher vermissen. Auf Nachfrage bei meinem Radhändler wurde dieser Eindruck bestätigt. Nach mittlerweile gut 1200 km Fahrleistung hat sich dieses anfangs recht kernige Geräusch etwas abgemildert.
Die Ergonomie der GRX Bremsschalthebel gefällt mir richtig gut. Die Hebel liegen bei Erschütterungen auf rauem Untergrund und Dank der deutlich strukturierten Oberfläche der Bremshutzen (Halterungsabdeckungen) auch bei Nässe sicher in der Hand. Selbst harte Bremsungen sind aus allen Positionen am Lenker aus möglich. Die Griffweite der GRX 810 Bremsschalthebeln lässt sich mit einem Inbusschlüssel bequem und stufenlos einstellen und zusätzlich bei dieser hochwertigen Gruppe auch der Leerweg.
Die hydraulischen GRX-Scheibenbremsen sind im Prinzip baugleich mit der Ultegra und verzögern zuverlässig, gut dosierbar und mit wenig Handkraft. Gerade bei längeren Abfahrten oder auf Offroadpassagen ist das von Vorteil. Nur wenn die Bremsen etwas heißer werden und man sie wieder öffnet, dann schleifen die Scheiben für einige Meter sehr gut hörbar an den Bremsbelägen. Doch das galt für uns bislang bei allen Shimano Ice-Tech-Bremsscheiben, ebenso am MTB.
Fahrkomfort und Reifen
Fehlt noch der letzte und hier vermutlich spannendste Punkt bei diesem Rad, der Komfort. Um es kurz zu machen: Ja, das Diverge spielt - gemessen an anderen Gravelbikes in dieser Kategorie - von seinem Komfort her in einer eigenen Liga. Die Federung durch die schlanke, sehr gut flexende Roval Terra Sattelstütze am Heck und das fein ansprechende Future Shock 2.0-Systems an der Front fühlt sich sehr ausgewogen an. Gerade die kleinen und schnellen Vibrationen beim Fahren auf schlechtem Untergrund oder den langen Forstautobahnen werden wirkungsvoll herausgefiltert oder zumindest abgemildert und vermitteln ein deutlich entspannteres Fahrgefühl als bei einem "starren" Gravelbike. Je länger man fährt, desto stärker spürt man diesen Effekt. Allerdings machen 20 mm Federweg an der Front und am Heck aus dem Diverge noch kein Gravelbike-Fully, ähnlich einem Niner MCR.
Mein als Alltags-, Pendel- und Tourenrad genutztes Specialized AWOL mit Stahlrahmen und Stahlgabel fährt sich trotz 42 mm breiten Specialized Sawtooth Reifen im direkten Vergleich gerade an der Front härter. Das hat mich etwas überrascht, denn die Stahlgabel des AWOL fährt sich bereits relativ komfortabel.
Mit noch breiteren Reifen lässt sich der Komfort und die Traktion auf den schlechten Straßen und im leichten Gelände noch weiter steigern. Doch selbst mit den "nur" 38 mm breiten Pathfinder Pro Reifen ist der Komfort wesentlich besser als als beim Diverge der ersten Generation von 2015 mit 32 mm breiten Rennradreifen und trotz der damaligen Karbongabel mit schwingungsdämpfenden Zertz-Einsätzen. Letztere sahen etwas merkwürdig aus, doch einen Komfortgewinn am Lenker konnte ich dadurch nicht spüren. Das erste Diverge fühlte sich am Heck komfortabel, aber an der Front recht hart an. Das aktuelle Diverge Comp Carbon von 2021 hingegen wirkt vorne und hinten sehr ausgeglichen komfortabel.
Wie fährt sich überhaupt der standardmäßig montierte Pathfinder Pro Reifen? Insgesamt fährt er sich sehr angenehm und er rollt durch die glatte Lauffläche in der Mitte auf Asphalt fast so leicht wie ein Rennradreifen. Bei trockenem, festen Untergrund oder auf feinem Schotter ist der Grip auf der Reifenschulter auch in Kurven passabel. Sobald es aber lehmig und nass wird, setzt sich das feine Profil schnell zu und man nimmt vor allem in den Kurven gerne etwas an Fahrt raus. Wird der Untergrund dann eher zu einer holprigen, grobschottrigen Piste, dann bewegt man sich definitiv im Grenzbereich (Stichwort "Underbiking"). Für kurze Abschnitt ist das machbar, länger wollte ich so aber nicht fahren müssen und lieber auf mein MTB umsteigen. Man sollte sich auch etwas Zeit nehmen und mit dem Luftdruck spielen. Fährt man die Reifen zu hart, so leidet offroad der Komfort und auch der Grip. Bei zu wenig Luft fühlen sie sich hingegen zäh an und man riskiert einen Durchschlag.
Den einen, perfekten Alllround-Gravel-Reifen wird es vermutlich nie geben, man muss sich daher immer überlegen, auf welchem Untergrund man überwiegend unterwegs sein wird und dementsprechend den passenden Reifen auswählen. Nachdem ich mein Diverge auch als Ersatz für ein Rennrad verwende, passt mir der Pathfinder Pro in 38 mm Breite bislang sehr gut.
Je nach geplanter Tour könnte ich mir aber gut vorstellen, auch mal andere Reifen auszuprobieren. Die vorhandenen G540 Felgen von DT-Swiss mit einer Maulweite von 24 mm erlauben hier viele Varianten, von 32 mm schmalen Straßenreifen bis hin zu 47 mm breiter Crossbereifung ist alles denkbar.
Die neue Roval Terra-Carbon-Sattelstütze flext vergleichbar gut mit der bisherigen S-Works CG-R Carbon-Sattelstütze und sie sieht optisch schlichter aus. Zum Komfort trägt auch die tiefe Klemmung der Sattelstütze bei. Realisiert wird das durch die Sloping-Form des Rahmens wodurch der Auszug der Stütze etwas länger ist und ein längerer Hebelarm zur Verfügung steht.
Gewicht
Das Gewicht der fahrbereiten Bikes ist erfreulich niedrig. In Rahmengröße 58 wiegt das fahrbereite Rad inclusive Shimano MTB SPD-Pedalen und 3 Flaschenhaltern sowie meinem SQ-Lab 611 Sattel in Rahmengröße 58 rund 10,3 kg. Mit leichteren Laufrädern, schmaleren Rennradreifen und einem Karbonlenker ließen sich locker noch ein paar hundert Gramm einsparen. Für ein relativ breit bereiftes und für den moderaten offroad-Einsatz ausgelegtes Bike empfinde ich das Gesamtgewicht als gering. Das Beschleunigen macht jedenfalls richtig Laune, sowohl auf der Straße als auch auf Schotter und steht hier einem Rennrad kaum nach.
Diverge Comp Carbon versus Roubaix Comp
Vergleicht man die Entwicklung des ersten Diverge von 2015 mit der hier vorgestellten dritten Generation von 2021, so ist klar, dass sich der Fokus jedes Mal ein Stück mehr in Richtung offroad orientiert hat. Entsprechend hat sich auch die Geometrie geändert. Vergleicht man die Daten des aktuellen Diverge von 2021 mit dem seit 2020 unveränderten Rahmen des Roubaix nur anhand der Tabelle des Herstellers, so könnte man denken, der Unterschied ist nicht sehr groß. Bei der ersten Fahrt merkt man die Unterschiede aber doch recht deutlich. Beides sind sportliche, leichte Räder, doch das Roubaix bleibt ein komfortables Straßenrennrad, während das Diverge insgesamt etwas robuster ausgelegt ist und am meisten Spass auf wechselnden Untergründen macht. Auch die Übersetzung des Diverge ist insgesamt etwas mehr fürs langsamere Offroad-Fahren ausgelegt. Für meinen Geschmack dürfte es aber noch einen leichteren Berggang geben.
Unseren Fahreindruck der zweiten Generation des Diverge lest Ihr übrigens hier (siehe unser Testbericht hier).
Eignet sich das Diverge zum Bikepacking?
Aus meiner Sicht eignet sich das aktuelle Diverge sehr gut fürs Bikepacking und auf jeden Fall besser als die zwei Vorgängerversionen. Dafür sprechen allein die größere Reifenfreiheit, das SWAT-Staufach im Unterrohr, das Future Shock 2.0-System und die vielen Ösen fürs Gepäck an Rahmen und Gabel.
Auch ist es schön zu sehen, dass bereits vom Hersteller an mehreren Stellen eine Rahmenschutzfolie aufgebracht wurde und dass die rechte Kettenstrebe schon werksseitig einen Gummischutz vor Kettenschlagen erhalten hat. Bevor ich meine Rahmentasche montiert habe, hatte ich zusätzlich alle Kontaktpunkte zwischen Rahmen und der Tasche sowie den Befestigungsriemen mit Rahmenschutzfolie vor Abrieb geschützt.
Unpraktisch empfinde ich hingegen die Lenkerform mit den 15 mm Rise. Dadurch ergibt sich beim Lenker ein Knick, was die Montage einer Lenkertasche/rolle oder anderem Zubehör wie Licht oder einem Tacho unnötig erschwert. Ein im Bereich der Vorbauklemmung gerader Lenker hätte hier nur Vorteile. Die Lenkerform und Breite an sich gefällt mir hingegen gut.
Pro und Contra Diverge
Vorteile
- toller, steifer Rahmen mit einer sportlich-komfortablen Sitzposition und dem praktischen SWAT-Staufach
- für ein Gravelbike fährt es sich unglaublich komfortabel
- insgesamt eine gelungene, hochwertige Ausstattung
- große Reifenbreiten bis 47 mm bei 700C Laufrädern möglich
- guter Geradeauslauf, auch auf Schotter
- trotz Scheibenbremsen und Lenkkopffederung geringes Gesamtgewicht
- das Future-Shock 2.0 System ist optisch besser integriert als beim Vorgängermodell
- stark flexende Roval Terra-Sattelstütze bietet hohen Komfort am Heck
Nachteile
- Die eigenwillige Lenkerform des Hover mit 15 mm Rise in der Mitte bei der Klemmung am Vorbau erschwert die Montage von z.B. einem Frontlicht oder einer Gepäckrolle fürs Bikepacking am Lenker, gerade wenn man zugleich auf dem Vorbau ein Smartphone oder GPS-Gerät befestigt hat.
- Angesichts der ansonsten guten Ausstattung wäre ein hochwertigerer, leichterer Laufradsatz wünschenswert
- fürs Bikepacking mit Gepäck fehlen mir ein bis zwei leichtere Berggänge
- das Future-Shock 2.0 System lässt sich nicht an das Fahrergewicht anpassen wie bei einer Federgabel am MTB
Fazit
Das Diverge Comp Carbon ist aus meiner Sicht ein gelungenes, ausgewogenes Gravelbike mit einem sehr großen Komfort an der Front und am Heck sowie einem tollen, steifen Rahmen. Es fährt sich spritzig, bergauf und bergab und vermittelt auch bei hohen Geschwindigkeiten ein sicheres Fahrgefühl. Der Einsatzbereich für dieses Gravelbike ist ziemlich breit, orientiert sich aber noch mehr in Richtung Straße und Performance als andere, extremere Dropbar-MTBs. Das Rad hat eine insgesamt gelungene, hochwertige Ausstattung.
Die Übersetzung reicht für meinen Geschmack mit Gepäck für längere und steilere Berge aber nicht aus. Gerade auf Schotter fehlen mir ein paar leichtere Berggänge. Wer primär ohne Gepäck unterwegs ist, hat hier weniger einzuwenden. Einzig die Klemmung des Lenkermodells Hover am Vorbau überzeugt mich nicht. Ein gerader Lenker ohne diese 15 mm Rise und dafür mit einem steileren Vorbau hätte aus meiner Sicht nur Vorteile, gerade fürs Bikepacking mit Gepäck. Die Lenkerform und Breite an sich ist gelungen, man wechselt gerne mal in die Unterlenkerposition mit den 12° Flare an den Lenkerenden und hat so offroad etwas mehr Kontrolle, bei zugleich noch recht guter Aerodynamik.
Es bleibt die Frage nach dem Preis. Dank unterschiedlicher Ausstattungsvarianten ist das Diverge auch preiswerter zu haben als in der hier vorgestellten Comp Carbon Variante.
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